2017 04 - Bahai und Politik - Auszug BN 08 09 2014
„denn die Menschheit organisiert sich in der Tat durch politisches Handeln.“ *
Zum Thema: Bahá´i und Politik, Teinahme an bürgerlichen Wahlen, Einstellung zum Wählen und Wahlverhalten, (aus Beilage BN 08/09 2014) Auszug für die Freunde, die kurze Texte bevorzugen)
7 Hier muss ganz deutlich gesagt werden, dass die Bahá’í nicht glauben, dass der für die Zukunft geschaute Wandel ausschließlich durch ihr Bemühen herbeigeführt werden wird. Auch versuchen sie nicht, eine Bewegung zu bilden, die danach strebt, der Gesellschaft ihre Zukunftsvision aufzuzwingen.
Jede Nation, jede Gruppe, ja jeder Einzelne wird, in stärkerem oder geringerem Maße, zum Entstehen der Weltzivilisation beitragen, auf die sich die Menschheit unaufhaltsam zubewegt. Die Einheit wird, wie ‘Abdu’l-Bahá andeutete, nach und nach in verschiedenen Bereichen menschlichen Zusammenlebens verwirklicht werden, so etwa die „Einheit im politischen Bereich“, die „Einheit des Denkens in weltweiten Unternehmungen“, die „Einheit der Rassen“ und die „Einheit der Nationen“. Während dies verwirklicht wird, nehmen die Strukturen einer politisch geeinten Welt, die die volle kulturelle Vielfalt achtet und Ausdrucksmöglichkeiten für Würde und Ehre bietet, allmählich Form an.
18 Zugleich respektieren die Bahá’í jene, die sich, aus dem aufrichtigen Wunsch heraus ihrem Land zu dienen, dazu entscheiden politische Bestrebungen zu verfolgen oder politischen Tätigkeiten nachzugehen. Der von der Bahá’í-Gemeinde angenommene Ansatz der Nichteinmischung in solche Tätigkeiten ist nicht als eine grundsätzliche Ablehnung oder Verurteilung von Politik in ihrem wahren Sinne gemeint; denn die Menschheit organisiert sich in der Tat durch politisches Handeln. Bahá’í nehmen an bürgerlichen Wahlen teil, sofern sie sich dafür nicht mit irgendeiner Partei identifizieren müssen.** In diesem Zusammenhang betrachten sie Regierungen als Systeme, die die Wohlfahrt und den geordneten Fortschritt der Gesellschaft sicherstellen, und sie sind allesamt darauf bedacht, die Gesetze des Landes, in dem sie leben, zu befolgen, ohne jedoch zuzulassen, dass ihre inneren Glaubensüberzeugungen verletzt werden. Bahá’í werden sich an keinerlei Anstiftung zum Sturz einer Regierung beteiligen. Auch werden sie sich nicht in politische Beziehungen zwischen den Regierungen unterschiedlicher Nationen einmischen. Dies bedeutet nicht, dass sie naiv sind bezüglich politischer Prozesse in der heutigen Welt und nicht zwischen gerechter und tyrannischer Herrschaft unterscheiden.
Die Herrscher auf Erden müssen ihren heiligen Verpflichtungen gegenüber ihrem Volk nachkommen, das als kostbarster Schatz jeder Nation gesehen werden sollte. Wo immer sie leben, streben Bahá’í danach, den Standard der Gerechtigkeit hochzuhalten, und werden gegen Unrecht, das ihnen selbst oder anderen angetan wird, vorgehen – jedoch nur im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden gesetzlichen Möglichkeiten und unter Vermeidung jeder Form gewaltsamen Protests. Überdies widerspricht die Liebe zur Menschheit, die sie in ihrem Herzen tragen, nicht der von ihnen empfundenen Pflicht, ihre Kräfte im Dienst für ihr jeweiliges Land einzusetzen.
*aus: Das Universale Haus der Gerechtigkeit / Botschaft an die Bahá’í im Iran vom 2. März 2013 zum Thema „Das Prinzip der Nicht-Eimischung in Partei-Politik“ (Auszug)
Beilage – Bahá’í-Nachrichten – Juli/August 2014 – 2/171
**da dieser Gesichtspunkt immer wieder unterschiedliche Vorstellungen erfährt, möchte ich dazu eine persönliche Bemerkung hinzufügen: eine demokratisch organisierte und geheime Wahl ist wohl eine klare Vorraussetzung dafür, dass man sich n i c h t mit einer Partei identifizieren muss(!), auch wenn man die Arbeit einzelner Personen und Programme dieser Partei wertschätzt.
Hans J. Knospe