Ian Semple - Gehorsam
Eine Ansprache von Ian Sample, am 26. July 1991 im Empangsraum des Sitzes des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, anläßlich des Programmes Geistige Bereicherung am Bahá'í Weltzentrum.
GEHORSAM
Erkennen der individuellen Verantwortung
Die eigene Unzulänglichkeit erkennen
Anerkennung einer äußeren Autoritätsquelle
Verstehen der Anforderungen von Autorität
Die Rolle des Verstandes bei der Ausführung von Geboten
LITERATURVERZEICHNIS
Gehorsam
Das Internationale Lehrzentrum hat eine wunderbare Textsammlung zum Thema Gehorsam erstellt, die Sie alle erhalten haben. Ich gehe davon aus, daß Sie alle damit vertraut sind und möchte daher in meinen Ausführungen einige grundsätzliche Gedanken behandeln - hauptsächlich Gehorsam in Beziehung zur Freiheit der Gedanken und ebenso die Bedeutung des Gehorsams für die Entwicklung des einzelnen Menschen wie auch für die Gesellschalt als Ganzes.
Die Menschheit hat praktisch während ihrer gesamten Vergangenheit entsetzlich an Tyrannei gelitten. Dadurch wird Gehorsam heute häufig gleichgesetzt mit sklavischer Unterwürfigkeit und Ergebenheit in Unterdrückung - oder noch schlimmer: Sie wird als Entschuldigung für die Teilnahme an Verfolgungen genutzt. Da Sie eine Weile in Isreal gelebt haben, wissen Sie, daß dies häufig thematisiert wird, wenn über den Holocaust gesprochen wird. Jene, die am Holocaust beteiligt waren, sagten: "Nun, ich gehorchte lediglich den Befehlen; dafür kann man mich doch nicht belangen." Wegen dieser Vergangenheit der Unterdrückung wurde dem Gehorsam eine große Verachtung zuteil und "rücksichtslose" Individualität wird als das wahre Ziel des sozialen Lebens gepriesen. Wie ist dann vor diesem Hintergrund das folgende Zitat Bahá'u'lláhs zu verstehen:
Was der Menschheit an diesem Tage nottut, ist Gehorsam gegen die, welche die Gewalt in Händen haben, und gewissenhaftes Festhalten am Seile der Weisheit.
(ÄL 102)
Um dies zu verstehen, sollten wir die Kehrseite dieser Medaille betrachten. Wir müssen die unwahrscheinlich großen Probleme der Menschheit schätzen lernen, die durch gewaltsamen Nationalismus und Stammesstrukturen entstehen, durch die Gier der Einzelnen und den entwurzelten Vergleichskampf im Wirtschaftsleben, durch zügellose, unzulässige Unmoral und durch das ständig wachsende Vorkommen von Kriminalität und Terrorismus. Dies alles sind Verzerrungen der Freiheit.
Die Vergangenheit hat in der Tendenz gezeigt, daß die Menschheit zwischen den beiden Extremen, Tyrannei und zügelloser Ausschweifung, hin- und herpendelt und dabei auch glückliche Zeiten erlebt, wenn sie einen gemäßigten Bereich erreicht hat. In der Bahá'í-Gemeinschaft streben wir kein gemäßigtes Gleichgewicht zwischen Freiheit und Gehorsam an. Stattdessen lernen wir durch die Lehren Bahá'u'lláhs, wie wir in Freiheit der göttlichen Richtschnur Gehorsam leisten können und erkennen somit Gehorsam und Freiheit als ein harmonisches Ganzes an. Wir sollten sie nicht länger als Gegenspieler betrachten.
Um dieses Konzept genauer zu untersuchen, möchte ich es in das Licht der folgenden fünf Prozesse stellen:
- Der erste ist, daß wir uns als die höchsten Quellen der Autorität betrachten.
- Beim zweiten geht es darum, die eigene Mangelhaftigkeit zu erkennen.
- Der dritte besteht darin, eine Quelle der Autorität außerhalb des eigenen Seins zu anzuerkennen.
- Der vierte ist es, die Anforderungen dieser Autoritätsquelle verstehen zu lernen.
- Der fünfte ist die Rolle der Entscheidung bei der Durchführung dieser Anforderungen.
Die Grundlage für jegliche Entwicklung ist die Selbsterkenntnis und die Anerkennung der Verantwortung für das eigene Leben.
Der nächste Schritt ist die Erkenntnis, daß es zum Chaos im Leben einer Person und in der gesamten Gesellschaft führt, wenn jeder seinen eigenen Neigungen folgt.
Dies führt uns dazu, die äußere Autoritätsquelle für das Wahre und Richtige zu suchen. Wenn wir glauben, diese gefunden zu haben, ist es wichtig, sie zu bestätigen. Wenn wir das nicht tun, opfern wir eine der grundlegendsten Rechte und Pflichten der Menschheit.
Haben wir uns entschieden, daß eine Quelle Gültigkeit besitzt und wollen wir ihr gehorchen, können wir dies nur in das tägliche Leben umsetzen, wenn wir verstehen, was diese Quelle der Macht von uns erwartet.
Sollten wir schließlich unsere Intelligenz und Urteilsfähigkeit bei der Ausführung von Gehorsam gegenüber der Autorität nicht einsetzen, kann es darauf hinauslaufen, daß wir das Gegenteil dessen tun, was sie wirklich beabsichtigt.
Alle fünf der genannten Vorgänge erfordern die Übung unserer Urteilskraft. Sie stellen die Ablehnung der Vorgehensweise des "blinden Gehorsams" dar und ich glaube, daß dieser blinde Gehorsam im Widerspruch zum Glauben steht. Gehorsam besteht für einen Bahá'í darin, durch eigenen Willen dem zu folgen, was man als Recht erachtet. Blinder Gehorsam ist ein Verzicht auf den freien Willen.
Erkennen der individuellen Verantwortung
Die durch Gott jeder einzelnen Seele übergebene Verantwortung, sein eigenes Leben in die Hand zu nehmen, wird immer wieder in den Schriften betont. Betrachten Sie die folgenden Worte Bahá'u'lláhs. Der erste Abschnitt ist so vertraut, daß man in Gefahr gerät, zu versäumen, über die vielen Elemente nachzudenken, die er enthält. Deshalb werde ich ihn mit Unterbrechungen lesen:
O Sohn des Geistes!
Von allem das Meistgeliebte ist Mir die Gerechtigkeit. Wende dich nicht ab von ihr, wenn du nach Mir verlangst, und vergiß sie nicht, damit Ich dir vertrauen kann. Mit ihrer Hilfe sollst du mit eigenen Augen sehen, nicht mit denen anderer, und durch die eigene Erkenntnis Wissen erlangen und nicht durch die deines Nächsten. Bedenke im Herzen, wie du sein solltest. Wahrlich: Gerechtigkeit ist Meine Gabe und das Zeichen Meiner Gnade. So halte sie dir vor Augen.
(VW, 2)
Weiter besitzen wir die drei folgenden Textstellen, die das gleiche Thema behandeln:
Urteilt gerecht über die Sache Gottes, eures Schöpfers, schauet, was vom Throne der Höhe herabgesandt ist, und denkt darüber nach mit reinem, geheiligtem Herzen. Dann wird euch die Wahrheit dieser Sache so offenbar erscheinen wie die Sonne in ihrer Mittagsherrlichkeit. Dann werdet ihr zu denen gehören, die an Ihn glauben.
(ÄL 52)
Vergeßt nicht die Ehrfurcht vor Gott, ihr Gelehrten der Welt, und urteilt gerecht über die Sache dieses Ungelehrten, für den alle Bücher Gottes, des Beschützers, des Selbstbestehenden, gezeugt haben.
(ÄL 44)
Dies ist wahrlich ein Zeichen Seiner sanften Barmherzigkeit für die Menschen, jeder Seele hat Er die Fähigkeit verliehen, Gottes Zeichen zu erkennen. Wie sonst hätte Er den Menschen Sein Zeugnis erbringen können - gehörtet ihr doch zu denen, die im Herzen über Seine Sache nachdenken. Niemals wird Er ungerecht mit irgend jemandem verfahren, noch wird Er eine Seele über ihr Vermögen belasten. Er, wahrlich, ist der Mitleidige, der Allbarmherzige.
(ÄL 52)
In diesen und vielen weiteren Texten ruft uns Bahá'u'lláh auf, nicht einfach zu gehorchen, sondern unseren Verstand zu gebrauchen, gerecht zu urteilen, anzuerkennen und dann zu glauben und zu gehorchen. Er versichert uns, daß wir alle die Fähigkeit besitzen, die Wahrheit zu erkennen und ihr zu folgen.
Daß eine absolute Autorität in uns wohnt, trifft für jeden Menschen zu, ob er dies nun versteht oder auch nicht. Man mag diese Autorität nicht anerkennen, um sich wie Treibgut in der Strömung der Gezeiten umhertreiben zu lassen, und man wird für sein eigenes Leben sorgen.
Allzu oft suchen wir heutzutage Gründe für unsere Handlungen, die Bedingungen und Begebenheiten, die außerhalb unserer Kontrollmöglichkeit liegen und die durch unsere Vererbung, unsere Erziehung oder unsere derzeitige Lage vorgegeben sind. Da ist sicher etwas Wahres dran und ich behaupte nicht, daß keine Einflüsse auf uns ausgeübt werden.Aber in den meisten Fällen sind es doch vollkommen schwache Entschuldigungen dafür, etwas falsches zu tun oder zu versäumen, das zu tun, wovon man im tiefsten Inneren weiß, daß es richtig wäre.
Jeder hat immer die Wahl, sich äußerlichen Einflüssen zu beugen oder Schritte zu unternehmen, diesen zu begegnen, also einer äußeren Autorität zu gehorchen oder auch nicht. Schritte zur Veränderung unserer Bedingungen zu unternehmen, erfordert Anstrengungen, was dazu führen kann, daß wir diese Schritte nicht gehen - aber dies ist dann unsere eigene Entscheidung.
Manchmal hat die Entscheidung, einer äußeren Autorität zu widersprechen, so unangenehme Folgen, daß man sich entscheidet, gegen die eigene Überzeugung zu gehorchen. Doch auch das ist dann eine eigene Entscheidung. Schließlich wird jemand, der glaubt, die Entscheidung ist von Wichtigkeit, eher den Tod akzeptieren, als falsch zu entscheiden. Aber es besteht immer wieder die Wahlmöglichkeit und das ist meiner Meinung nach sehr wichtig zu beachten, denn häufig findet man jemanden, sich entschuldigend sagen: "Es tut mir leid, aber ich konnte nicht handeln wie es richtig gewesen wäre - sonst wäre ich erschossen worden!" Das war dann auch seine Entscheidung: Er hätte auch die Erschießung hinnehmen können.
Im Iran waren die Verfolger der Sache häufig erstaunt, daß die Bahá'í hinnahmen - ehe sie ein Wort der Verleugnung des Glaubens über die Lippen brachten - sich hinrichten zu lassen. Dies ist, wo wir unabhängig und stark sein müssen.
Somit ist der erste Orientierungspunkt, den jeder Mensch an sich anlegen muß, er selbst und die ihm von Gott verliehene Fähigkeit, selbst zu entscheiden. Für einen Atheisten oder einen Agnostiker gibt es keinen zentralen Referenzpunkt außer ihm selbst und seinen eigenen Wünschen und Ideen. Selbst, wenn er überhaupt nicht denken sollte, läßt er sich vollkommen von seinen Wünschen und Vorlieben treiben - mit anderen Worten, nicht durch das, was er für richtig hält, sondern nur durch das, was er fühlt. Nur wenige Menschen existieren auf dieser, unter dem tierischen Verhalten anzusiedelnden, Ebene. Zum Glück beginnen sie früher oder später darüber nachzudenken, was am Besten für sie ist. Sie üben die Kräfte, die in der eigenen Entscheidung liegen. Aber gewöhnlich vollenden sie diesen Prozeß nicht. Viele leben nur von einem Tag zum anderen, indem sie den Moden und Launen der Gesellschaft, in der sie leben, folgen. Sie nehmen deren Vorurteile auf und folgen deren Maßstäben.
Folgt ein Individuum unkritisch seinen selbstbezogenen Entscheidungen, kommt es zwangsläufig in Konflikt mit anderen und erhöht somit die Gesamtheit der Probleme in der Welt. Unweigerlich geraten alle, wenn die Nummer 1 als erstes kommt, und jeder Mensch sich selbst als Nummer 1 ansieht, in eine Konfliktsituation. Dies passiert, egal ob er andere für die Befriedigung seiner Bedürfnisse zu dominieren versucht oder auch nicht. Auf der anderen Seite hat das gedankenlose Befolgen von gesellschaftlichen Vorurteilen oder der Vorgaben eines Führers die Feinseligkeit von anderen Gruppierungen zur Folge. Beides führt zu geistigem Verfall und Chaos. In den "Sieben Beweisen" schreibt der Báb:
In jedem Lande siehst du zahllose geistliche Führer ohne Urteilskraft, in jedem Volk abertausend Mitläufer, denen dieselbe Eigenschaft fehlt. Denke in deinem Herzen eine Zeitlang darüber nach, habe Erbarmen mit dir selbst und wende deine Aufmerksamkeit nicht von Beweisen und Zeugnissen ab.
(AB, 4,9)
Weiter vorn, im gleichen Buch sagt er:
Nein, bei Gott, sei du weder ein Geistlicher ohne Urteilskraft noch Mitläufer ohne Urteilskraft, denn
am Tage der Auferstehung werden beide vergehen.
(AB, 4,9)
Die eigene Unzulänglichkeit erkennen
Sobald eine Seele beginnt, nachzusinnen, nicht darüber, was sie tun kann, um nur das eigene Selbst zufrieden zu stellen, sondern was sie tun sollte; wenn sie sich erlaubt, zu erwägen, was richtig oder falsch ist; wenn sie über den Sinn ihres Lebens nachdenkt; wenn sie mit anderen Worten eine erkennende Person wird, hat sie den ersten Schritt weg von der wirklichen Gottlosigkeit getan. Wirklichkeit, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit sind Eigenschaften Gottes und wer immer eine solche sucht, sucht Gott. Viele der selbsternannten Atheisten sind nicht wirkliche Atheisten. Sie haben bei ihrer Suche nach Wahrheit lediglich hinter die Oberflächlichkeit der traditionellen Religion geblickt. Ich glaube, das ist es, was wir zur Zeit im Osten beobachten können. Viele Menschen, die sich als Atheisten bezeichnen, haben dennoch ein geistiges Herz und wissen nur nicht, wonach sie Ausschau halten. Sie sind nun dabei, es zu finden.
Jeder, der beginnt, auf diese Weise zu denken, wird sich nach Beispielen und Vorbildern für sein Handeln umsehen, die scheinbar erfolgreich sind und denen er folgen kann, um ähnlich erfolgreich zu sein. Dabei ist es unabhängig davon, ob er Atheist ist oder nicht. Als Grundlage hat er die ganzen Verhaltensmuster, die er in seiner Kindheit kennenlernte. Er wird sie behalten oder für andere neue Muster verwerfen. Aber selbst dann, wenn er einen Referenzpunkt außerhalb von sich selbst findet, wird es schwer für ihn sein, über seine derzeitige Ebene hinauszuwachsen. Es ist, als ob man sich an seinem eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen wolle - man ist dazu einfach nicht in der Lage.
Solange ein Mensch das Zentrum des eigenen Universums bleibt, wird er auf seine eigene Wesensart beschränkt bleiben. Wir haben alle schon Mitglieder der Bahá'í-Gemeinschaft getroffen, die an diesen Beschränkungen litten. Schauen wir uns zum Beispiel jemanden an, der sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt und der durch eigene Lebenserfahrungen und Ideen anderer eine Philosophie der sozialen Reform entwickelt hat, die sehr nahe verwandt mit den Lehren Bahá'u'lláhs ist. Wenn er dem Glauben begegnet, findet er eine ganze Gemeinschaft mit den gleichen Ideen. Er erklärt sich als Bahá'í und wird ein Mitglied dieser Gemeinschaft. Wenn sich die Grundlage für seine Anziehung nicht verändert, wird er früher oder später mit Bahá'í-Lehren in Kontakt kommen, die nicht in sein Weltbild passen. Sie werden eine Herausforderung für ihn sein und er wird versuchen, den Glauben so zu verändern, daß er besser zu seinen eigenen Idealen paßt. Dies wird ihm jedoch nicht gelingen und er wird in seiner Enttäuschung dem Glauben den Rücken kehren und sich mit anderen Gleichgesinnten zusammen tun, mit denen er jedoch auch keine absolute Übereinstimmung erreichen wird. D. h., da er selbstbezogen ist, wird er sein Leben lang auf eine gewisse Weise alleine bleiben. Er wird Verbindungen mit anderen Menschen eingehen, sie jedoch auch wieder brechen.
Das bedeutet, jeder Mensch muß seine eigene Unvollkommenheit erkennen und den gemeinschaftlichen Mittelpunkt außerhalb seines Selbstes suchen. Nur dann besteht für die einzelne Seele die Möglichkeit zur vollständigen Entwicklung und sie wird fähig, mit anderen zusammen in Harmonie für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft zu arbeiten.
Anerkennung einer äußeren Autoritätsquelle
Solange ein Mensch kein wirklich gebietendes Zentrum besitzt, das in Harmonie mit der Natur des Universums steht, wird keine Verbindung mit anderen Individuen bestehen bleiben. Deshalb werden sich rein soziale Bewegungen und politische Parteien verändern, aufspalten und abschließend zusammenbrechen. Dabei ist es egal, wie groß die Loyalität ist, die ihnen entgegengebracht wird. Wenn wir aber unsere individuelle Autorität und Freiheit einer externen Autorität unterwerfen, haben wir die Pflicht, diese Quelle der Autorität zu bestätigen, ob es eine bürgerliche Regierung, eine politische Partei oder was auch immer ist.
Der entscheidende Unterschied zwischen Religion und Philosophie ist, daß Religion für sich beansprucht, eine Verbindung zu Gott selbst, dem Schöpfer, dem Erhalter, dem Urheber des Universums zu haben. Sie stellt nicht lediglich die Zusammenfassung wohlüberlegter Ideen, sondern vielmehr die Offenbarung ewiger Wahrheit dar. Die Autorität, die sie beansprucht, ist absolut. Darin ist sowohl ihre Stärke als auch eine Gefahr enthalten. Die Stärke ist, daß jemand, der direkt mit Gott verbunden ist, zu Harmonie mit Wahrheit, Gerechtigkeit und Schönheit gelangt. Die Gefahr liegt darin, einem falschen Propheten den Gehorsam zukommen zu lassen, der allein Gott selbst geschuldet werden kann. Dann verfällt man in eine Verwirrung, die weit schlimmer ist, als jede Form von Philosophie sie erzeugen kann. Bedenkt welche Verheerungen durch charismatische Führer wie Hitler ausgelöst wurden. Sie haben für sich absolute Loyalität und Gehorsam durch ihre Anhänger beansprucht. Solche Führer erzeugen Pseudo-Religionen, die mit politischen Parteien nichts mehr zu tun haben. Die Anerkennung der Quelle der Autorität ist bei den Religionen von höchster Wichtigkeit.
Kein Wissen ist von größerer Bedeutung für die einzelne Seele, als die Erkenntnis, daß jeder die Verantwortung hat, die Wahrheit zu suchen und dabei Fehlentscheidungen auszuschließen. Jeder hat sodann die absolute Pflicht, dieser Wahrheit zu folgen, wo auch immer sie hinführt. Wir müssen erkennen, daß Gott nicht mit sich handeln läßt.
Bahá'u'lláh enthüllt diese Wahrheit in einem Satz eines Seiner Gebete: "Welche Kraft können die schattenhaften Geschöpfe als ihr Eigentum beanspruchen, wenn sie Ihm, der der Ungeschaffene ist, gegenüberstehen.
Nun ist dies eine sehr wichtige, eine sehr folgenreiche und äußerst unbequeme Wahrheit. In diesem Zusammenhang möchte ich etwas über die Gottesfurcht sagen. Denn wenn jemand wirklich über Gott nachdenkt, ist dies eine beängstigende Aussicht. Wenn jemand ein Atheist ist, der überhaupt nicht an Gott glaubt, kann dieser sich bis zu einem bestimmten Punkt blind stellen für die Abscheulichkeiten dieses Universums, indem er von Tag zu Tag hetzt. Aber wenn er wirklich über es nachdenkt, wird das Universum zu einem entsetzlichen Ort. Wir brauchen nur die Größenordnung der Sterne zu betrachten, oder die Sonne selbst mit ihren Sonnenflecken und dann über uns winzig kleinen Mikroben nachdenken, wie wir uns auf der Erdoberfläche bewegen. Wir sind zutiefst machtlos; was können wir also tun? Was können wir für die Zukunft tun? Dies war eines der theoretischen Probleme, mit denen sich die kommunistischen Denker vor einigen Jahren befassen mußten. Sie hatten die großartige Idee, daß die Menschen für eine bessere Zukunft altruistisch und selbstlos sein sollten. Ein Individuum hatte nach ihren Vorstellungen kein zukünftiges Leben -- es gab kein ewiges Leben -- aber die Zukunft lag in einer aufzubauenden Gesellschaftsform. Man diente dort so gut man konnte, man liebte seine Mitmenschen und man schuf eine Welt, die ein Muster an Perfektion werden sollte. Diese Welt sollte dann jedermans ewiges Leben darstellten.
In Probleme gerieten sie, als sie bemerkten, daß die Menschen erkannten, diese Welt würde selbst nicht für ewig bestehen. Irgendwann würde auch sie zerstört werden. D. h. es gibt keine ewige Zukunft durch die Verbesserung dieser Welt. Und wenn es keine andauernde Zukunft gibt, fragt man sich: "Warum soll ich mich darum kümmern? Warum soll ich diese rund 70 Jahre für etwas Opfer erbringen, daß sowieso nicht für immer Bestand haben wird?" Pascal hat vor Jahrhunderten dieses Problem erkannt: Die Armut und das Elend dieser Welt sind ohne Gott für die Menschen unerträglich. Sie fangen dann an, nach Ablenkungen zu suchen, um sich davon abzulenken. Darum wird auch eine Gesellschaft, die mehr und mehr unreligiös wird, zunehmend von Vergnügungen und Ablenkungen und Kitzel eingenommen. Denn die Menschen können die Wahrheit nur schwer ertragen.
Festzustellen, daß diese Welt nicht nur eine Ansammlung von Atomen und Molekülen ist, sondern daß da etwas ist, das sie steuert -- daß da mit anderen Worten Gott ist -- kann für eine Weile ein interessantes philosophisches Konzept sein, bis man es ernsthaft untersucht. Wenn man dann feststellt, daß Gott wirklich Gott ist, kann man Ihn nicht mehr beliebig bezeichnen. Und: man kann nicht mit Ihm handeln. C.S. Lewis verfaßte hierüber einst einen Kommentar. Als er die Realität Gottes erkannte, stellte er auch eine Forderung fest, die durch Ihn gestellt wurde. Gott sagte nicht: "Gib mir alles oder nichts." Da gibt es keine Wahl. Er sagte: "Alles". Das ist es. Da gibt es keine Alternativen. Gott ist Gott.
Dies ist schwer, aber wichtig zu akzeptieren. Die unglaublichen Gnaden, die wir durch die Manifestationen erfahren, sind das Wissen, daß diese unverständliche Kraft hinter diesem Universum keine blinde und willkürliche Kraft ist. Vielmehr ist es das Wissen, daß die Kraft der Liebe, Wahrheit und Schönheit dahintersteckt, daß die einzelne menschliche Seele aus Seiner Sicht wichtig ist und daß sie in Seiner Obhut ist. Dies ist eine revolutionäre Idee und ist der Kern jeder wahren Religion.
Aber nach wie vor müssen wir hinnehmen, daß wir nicht mit Gott handeln können. Ich empfehle jedem von Ihnen, der Schwierigkeiten damit hat, das Konzept der Furcht vor Gott anzunehmen oder mit den Ungerechtigkeiten in dieser Welt hadert, daß er das Buch Hiob liest. Dies ist ein sehr altes Buch, aber behandelt dieses Problem. Hiob ist ein sehr aufrichtiger Mann, ein sehr gesunder Mann, ein sehr wohlhabender Mann und in der Geschichte -- bei der Geschichte handelt es sich um ein Gleichnis -- kommt der Teufel zu Gott und spricht: "Schau, er ist doch nur so gut, weil Du ihn so gut behandelst. Nimm ihm seine ganze Gesundheit, sein ganzes Glück und er wird Dir nicht mehr gehorchen." Da sagte Gott: "In Ordnung" und Er erlaubte dem Teufel, Hiob alles zu nehmen, was er hatte. Von da an lief bei Hiob alles schief. Es kommen eine ganze Reihe von Freunden und schlechten Tröstern, die wie ein Refrain in der Geschichte wirken und Hiob erklären, warum alles schief geht. Sie versuchen, ihm klar zu machen, daß alles so käme, weil er gesündigt haben muß. "Nein, ich habe nicht gesündigt," sagt Hiob. "Ich werde nicht sagen, daß ich gesündigt habe, denn ich habe nicht gesündigt! Ich werde nicht bestraft für etwas, das ich getan habe." Aber er verfolgte weiterhin seinen Weg des Gehorsams zu Gott und seiner Liebe zu Gott. Er erklärte: "Selbst, wenn Er mich hinrichtet, werde ich an Ihn glauben." Das ganze läuft so weiter und wir erhalten die verschiedensten Rechtfertigungen für das, was passiert. Schließlich ist Hiob davon überzeugt, daß er Gott befragen müsse. Und Gottes Stimme erklingt aus einem Wirbelwind:
Da antwortete der Herr dem Hiob aus dem Wettersturm und sprach: Wer ist es, der den Ratschluß verdunkelt mit Gerede ohne Einsicht? Auf, gürte Deine Lenden wie ein Mann: Ich will dich fragen, du belehre Mich! Wo warst Du, als Ich die Erde gegründet? Sag es denn, wenn du Bescheid weißt. Wer setzte ihre Maße? Du weißt es ja. Wer hat die Meßschnur über ihr gespannt? Wohin sind ihre Pfeiler eingesenkt? Oder wer hat ihren Eckstein gelegt als die Morgensterne jauchzten, als jubelten alle Gottessöhne?
(Hiob, 38:1 ff)
Es gibt keine Möglichkeit für uns, das Wesen Gottes oder Seine Absichten zu verstehen. Wir müssen dies einfach hinnehmen. Dies ist, lassen Sie es mich so sagen, die Furcht und zugleich die Erhebung, wenn wir schließlich das Wesen Gottes akzeptieren. Ich habe nie die besondere Begebenheit vergessen, durch die ich diese Wahrheit erfuhr. Sie wurde mir klar durch einen jungen Mann, mit dem ich zusammen zu arbeiten hatte. Er war ein Büroangestellter in einer Firma, in der ich Buchhalter war. Irgendwann befragte er mich über den Glauben. Ich glaube, ich gab ihm damals "Bahá'u'lláh und das neue Zeitalter" und dann trennten sich unsere Wege. Eines Tages hatten wir wieder eine gemeinsame Aufgabe und er sagte zu mir: "Wissen Sie, ich hatte damals keine Wahlmöglichkeit mehr. Als ich anfing, das Buch zu lesen, stellte ich fest, daß es so wichtig war, daß ich keine andere Wahl hatte, als es zu Ende zu lesen und zu entscheiden, ob es wahr oder falsch ist. Und wenn ich es als wahr erachte, habe ich keine andere Wahl als dem zu folgen." Nun es gibt nicht so viele Menschen, die eine so tiefe Empfindungsgabe haben, so kurz, nachdem sie über den Glauben gehört haben -- er hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden, ob es wahr ist. Aber er studierte und er entschied und er nahm den Glauben an. Er verstand die Wahrheit folgender Worte Bahá'u'lláh's sehr gut:
Sie sollten keinesfalls ihrer Phantasie erlauben, ihre Urteilskraft zu trüben, noch sollten sie ihre eigenen Vorstellungen für die Stimme des Ewigen halten.
(ÄL 160)
Einzuräumen, daß Gott Gott ist, zu akzeptieren, daß man nur ein kleiner Teil Seiner Schöpfung ist und zu verstehen, daß die Erfüllung der Übung der eigenen unabhängigen Autorität die Unterordung unter die Autorität Gottes ist, kann eine sehr demütigende und schmerzliche Erfahrung sein. Einmal vollzogen, bringt es einen Zuwachs an Freude und Kraft, die man kaum erwartet hätte. Denn man hört auf, alleine zu sein. Man wird ein hilfreicher integrierter Bestandteil des ganzen Universums. Es ist eine Offenbarung des Geheimnisses des Opfers und der erstaunlichen Tatsache, daß Gott Liebe ist.
Eine Gefahr verbirgt sich darin, daß die Freude, die solch eine Selbstaufgabe mit sich bringt, in gewisser Weise auch von jemandem erfahren werden kann, der sich einem falschen Propheten hingibt, so wie von jenem, der sich der wahren Manifestation Gottes weiht. Selbstaufgabe ist als solches eine Tugend und man kann das gleiche erhebende Gefühl haben, wenn man sich dem Falschen weiht. Dies ist die Gefahr. Die Methoden, wie wir die Wahrheit suchen und akzeptieren können, kennen wir, weshalb ich hierüber keine Ausführungen machen werde. Sie erinnern sich alle an die vier Kriterien, die 'Abdu'l-Bahá uns zur Ermittlung der Wahrheit genannt hat: Die Sinne, den Verstand, die Tradition und die Inspiration. Jeder dieser Wege kann fehlbar sein, aber wir geben unser Bestes, sie alle zu kombinieren und es ist die Führung Gottes, die uns die endgültige unfehlbare Führung gibt.
Was passiert, wenn wir nach unseren besten Möglichkeiten unsere Sinne, unseren Verstand, unsere Traditionen und unsere Inspiration angewandt haben und wir dachten, daß die Quelle der Autorität gültig ist und haben ihr dann Gehorsam geleistet, dies aber trotz allem falsch war? Wie können wir unseren Fehler herausfinden?
Diese Frage bringt uns zum vierten Prozeß, den ich zu Beginn erwähnte.
Verstehen der Anforderungen von Autorität
In seinem Brief an die Palästina Sonderkommission der Vereinten Nationen hielt Shoghi Effendi fest, der Glauben "beinhalte für die Anhänger als erste Pflicht, sich auf die entfesselte Suche nach Wahrheit begeben.
Dieses Gebot bedeutet zur gleichen Zeit den Schutz davor, einem falschen Propheten zu folgen, den Ursprung des Lichtes der Beratung und die Garantie der erfolgreichen Umsetzung der Anweisungen Bahá'u'lláh's in den Worten des Paradieses:
Schulen müssen die Kinder zuerst in den Grundsätzen der Religion erziehen, so daß Verheißung und Drohung, wie sie in den Büchern Gottes geschrieben stehen, die Kinder von Verbotenem abhalten und mit dem Mantel der Gebote schmücken; aber dies muß in solchem Maß geschehen, daß es die Kinder nicht durch Abgleiten in eifernde, bigotte Unwissenheit schädigt.
(BOT 6,28)
Wir kehren wieder zurück zu der Antithese zwischen blindem Gehorsam und willentlichem, bewußtem Gehorsam, die ich zu Beginn des Vortrages erwähnte. Sie mögen fragen: "Aber warum sollen wir unsere unabhängige Suche nach Wahrheit fortsetzen, nachdem wir sie durch die Anerkennung Bahá'u'lláh's gefunden haben? Würde dies nicht andeuten, daß wir Zweifel an Seiner Position haben?" Glauben Sie etwa, daß die Erkenntnis Bahá'u'lláh's das Ende ist? Sicher ist es nur der Anfang. Wenn man akzeptiert, daß Bahá'u'lláh die Manifestation Gottes ist, daß Er, Seine Handlungen und Seine Worte ein perfekter Spiegel der Natur Gottes sind, Seiner Wahrheit, Seiner Absichten für dieses Zeitalter, dann beginnt eine lange Aufgabe, genau zu erfassen, was er uns sagen will, Seine Befehle in unserem täglichen Leben umzusetzen und es zuzulassen, daß das Licht Seiner Offenbarung unser Herz und unseren Verstand erleuchtet. Dies kann nicht passieren, wenn wir die Türen unseres Geistes verschließen.
Ein wahres Prinzip für eine Handlung bleibt wahr, egal auf wen es angewendet wird. Das anhaltende Suchen nach Wahrheit ermöglicht es den Anhängern eines wahren Propheten, Ihm immer näher zu kommen, Seine Lehren aufzunehmen und sie in ihr Leben zu integrieren. Das gleiche Prinzip, wenn es auf die Anhänger eines falschen Propheten angewendet wird, wird ihnen früher oder später ermöglichen, den Irrtum zu erkennen. Dies ist auch der Grund, warum falsche Propheten von ihren Anhängern blinden Gehorsam fordern. Sie fürchten die Wahrheit - und dies aus gutem Grund. Aber warum sollte Er, der die Wahrheit selbst ist, jemals leiden durch das Streben nach Wahrheit Seiner Anhänger?
Dann wäre da noch die Sache mit unserer Vertiefung in die Lehren. Wie können wir uns vertiefen, wenn wir nicht über sie nachdenken, wenn wir sie uns nicht gegenseitig erzählen, wenn wir sie nicht ausprobieren und sie untersuchen im Lichte der Erfahrung? Die Lehren Bahá'u'lláh's sind dazu da, die Menschheit für mindestens die nächsten 1.000 Jahre zu bereichern. Ist es dann überhaupt vorstellbar, daß wir ohne eine Menge tiefgreifender Überlegungen wirklich verstehen, was Er uns sagt und was Er von uns an Handlungen erwartet.
Nur durch unabhängiges, klares Nachdenken über den großen Umfang der Lehren kann man das Wachstum seines Verständnisses fördern.
Aber nicht nur die Texte sind Quelle der Führung. Bahá'u'lláh hat uns auch noch die Beratung als Instrument der Führung an die Hand gegeben. Damit dieses funktioniert, müssen wir die Freiheit der Gedanken ebenso üben, wie die aufrichtige Äußerung, Höflichkeit und Gehorsam. Ohne die Anwendung der ungehinderten Suche nach Wahrheit und ohne den Gehorsam gegenüber Beschlüssen, wird Beratung fruchtlos sein.
Somit haben wir den Bedarf an uneingeschränkter Suche nach Wahrheit im Verstehen der Voraussetzungen von Autorität begründet. Was können wir tun, wenn wir feststellen, daß wir diese Voraussetzungen nicht akzeptieren können. Dies kann auf verschiedenen Ebenen geschehen und ist ein Problem, dem ehrlich gegenübergetreten werden sollte und das es gilt, anzugehen.
- Da könnte z.B. ein Gebot von Bahá'u'lláh selbst sein, welches wir nicht verstehen oder bei dem es uns schwer fällt, zu gehorchen.
- Es könnte aber auch ein Prinzip des Glaubens oder eine Anweisung des Hüters oder des Universalen Hauses der Gerechtigkeit sein, welches uns große Unannehmlichkeiten beschert oder das uns bei Befolgung in Gefahr bringt.
- Oder es handelt sich um eine Entscheidung eines Geistigen Rates, von der wir überzeugt sind, daß sie falsch ist.
Wie können wir in solchen Fällen reagieren. Sie alle führen uns zurück zum früheren Stadium des Prozesses: Die Bestätigung der Quelle der Autorität. Wenn wir Schwierigkeiten mit dem Verständnis oder dem Gehorsam gegenüber Gesetzen Bahá'u'lláh's haben, sollten wir keine Hemmungen haben, die Basis unseres Glaubens zu überprüfen. Wir haben Bahá'u'lláh als die Manifestation Gottes aus Gründen anerkannt, von denen wir überzeugt sind, daß sie Gültigkeit hatten.
Was bedeutet nun diese eine Unstimmigkeit mit Seinen Schriften? Ist sie ernst genug, um die Beweise, die mich zunächst zu Seiner Anerkennung führten, in Zweifel zu ziehen? Oder ist es ein Hinweis auf meine eigene Unzulänglichkeit? Stellt man dann fest, der Glaube in Bahá'u'lláh ist nicht erschüttert und lediglich ein bestimmtes Gesetz bereitet das Problem, dann sollte man auf der Grundlage des Glaubens gehorchen. Eine weitere Qualität ist in diesen Prozeß mit einbezogen und dies ist die Loyalität. Wenn jemand eine Manifestation Gottes anerkennt, beginnt er, eine Beziehung zu Ihr aufzubauen. Diese Beziehung läßt ein tieferes Verständnis wachsen. Dies wiederum ist verbunden mit einer wachsenden Loyalität. Loyalität hat ihre Grundlagen in der Erfahrung, dem Wissen und der Verpflichtung. Sie schützt einen davor, durch jede Anspielung gegen Ihn, dem man die Loyalität ausgesprochen hat, aus dem Gleichgewicht geworfen zu werden. Ich muß noch einmal betonen: Dies ist nicht blinder Glauben oder blinder Gehorsam: 'Abdu'l-Bahá sagt in diesem Zusammenhang:
Unter Glauben versteht man zuerst bewußtes Wissen, dann das Tun guter Taten.
(GL, S. 58)
Wir haben ein dauerhaft gegründetes Vertrauen in Bahá'u'lláh als eine Autoritätsquelle in allen Dingen. Manchmal schreiten wir voran mit einem klaren Verständnis für das, was Er von uns erwartet. Manchmal fühlen wir uns im Dunkeln zurückgelassen, weil unser Verständnis noch nicht genügend gewachsen ist. Das Licht, das uns durch solch dunkle Flecken führt, ist unser Glauben an Ihn; unser Wissen, daß Er, obwohl es uns im Moment anders erscheint, recht hat, und daß Er es wirklich besser weiß als wir. Dieses Wissen läßt uns in vollstem Vertrauen entsprechend handeln und ich betone dieses "vollste Vertrauen". Es handelt sich nicht um abgeneigten Gehorsam gegenüber einem Gesetz, mit dem wir nicht übereinstimmen. Es ist Gehorsam aus vollem Herzen, wenn wir einem Gesetz folgen, das wir nicht verstehen können, von dem wir aber wissen, daß es richtig ist. Wie Shoghi Effendi bereits schrieb:
Können wir anzweifeln, daß die Wege Gottes nicht notwendigerweise auch die Wege der Menschheit sind? Ist nicht Glaube ein anderer Begriff für hintergründigen Gehorsam, vollherzige Ergebenheit, kompromißlose Befolgung dessen, von dem wir glauben, daß es die Offenbarung und der Ausdruck des Willens Gottes ist? Es mag jedoch verwirrend erscheinen, oder als Abweichung von der beschränkten Sichtweise, der machtlosen Lehren, der ungeschliffenen Theorien, der eitlen Einbildungen, der modernen Vorstellungen dieses vergänglichen und geplagten Zeitalters. Wenn wir wanken oder zögern, wenn unsere Liebe zu Ihm versagen sollte, uns zu führen und uns auf Seinem Pfad zu halten, wenn wir die göttlichen und eindringlichen Prinzipien verlassen, was nährt dann noch unsere Hoffnungen auf die Heilung der Krankheiten und Übel dieser Welt ?
(BA p. 62, unautorisierte Übersetzung)
Die Autorität des Hüters und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit ist zurückzuführen auf die Autorität Bahá'u'lláh's selbst. Somit sind hier gleiche Prinzipien anzuwenden. Man sollte ihnen gehorchen, weil man weiß, daß sie göttlich geführt sind. Ich kann mich an mehr als eine Situation erinnern, in der ich mich unfähig erkannte, die Entscheidung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit zu verstehen oder in der ich nicht übereinstimmte. Sie wissen, das Universale Haus der Gerechtigkeit fällt auch nicht immer einstimmige Entscheidungen. Manchmal fällt es auch Mehrheitsentscheidungen. Solche Situationen sind auf keinen Fall erstaunlich. Das Haus der Gerechtigkeit ist unfehlbar, aber die einzelnen Personen sind es nicht. Somit ist es logisch, daß manchmal einzelne im ersten Moment mit einer gefällten Entscheidung nicht einverstanden sind. In allen Fällen habe ich selbstverständlich die Entscheidungen akzeptiert. Und nach einer gewissen Zeit habe ich immer erkannt, warum das Universale Haus der Gerechtigkeit recht hatte und ich nicht.
Das Interessante an der Sache ist, daß es nicht nur an Dingen lag, die ich nicht gleich erkannte -- "In Ordnung, dies war es, was ich in der Beratung falsch verstand, nun weiß ich, wie es richtig ist -- sondern manchmal auch Informationen, die ich zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht wissen konnte. Die Wege Gottes sind geheimnisvoll, sogar, wenn Sie durch Ihn verordnet wurden. Man kann nicht erwarten, immer alles von Anfang an zu wissen.
Solche Erfahrungen lassen einen geistig wachsen und bereichern das eigene Verständnis bis zu einem einzigartigen Grad. Intelligenter und wachsamer Gehorsam unterstützen somit das Wachstum der Seele.
Einer Entscheidung eines Geistigen Rates zu folgen, von der man meint, daß sie falsch ist, kann viel schwieriger sein. Hier gehorcht man wegen des unumstößlichen Prinzips des Erhaltes der Einheit im Glauben. Außerdem kann man, wenn man den Fall für wichtig genug erachtet, darum bitten, die Entscheidung nochmals zu überdenken. Hierbei sollte man jedoch Weisheit walten lassen. Jeder hat das Recht, gegen die Entscheidung Einspruch zu erheben. Man sollte jedoch nicht nur seine eigenen Interessen in dem Fall vor Augen haben, sondern auch die Interessen des Glaubens. Ist es richtig, die Zeit des Geistigen Rates zu beanspruchen, indem man beharrlich diesen Punkt verfolgt? Insbesondere dann, wenn man sicher ist, daß dessen Entscheidung falsch ist? Oder ist es besser, darüber hinweg zu sehen und dem Geistigen Rat zu erlauben, seiner eigentlichen Aufgabe nachzugehen, die das Lehren der Sache Gottes ist? Manchmal ist es richtig, manchmal ist es falsch. Manchmal sollte man darauf bestehen, manchmal sollte man es laufen lassen. Nochmals, es ist eine Sache der Beurteilung und guter Gründe. Somit gelangt man zu der Bedeutung des Verstandes, wenn es darum geht, die Anordnungen einer autoritären Führung auszuführen.
Die Rolle des Verstandes bei der Ausführung von Geboten
Es gibt an dieser Stelle zwei Quellen von Autorität, über die wir nachdenken sollten, da sie sich voneinander unterscheiden. Die eine ist der Herausgeber von Befehlen, die andere sind Gesetze und Regeln.
Der Unterschied zwischen beiden ist, daß ein bestimmter Befehl einer Autoritätsquelle häufig sehr klar, ausdrücklich und auf einen bestimmten Fall bezogen ist. Ein Gesetz oder eine Regel ist ein mehr allgemeines Gebot und seine Anwendung auf einen speziellen Fall erfordert die Berücksichtigung weiterer Regeln.
Ein interessantes Beispiel, an dem der Unterschied dieser beiden Varianten deutlich wird, entstand während der 60er Jahre in Amerika. Es war in der Zeit, als große Spannungen zwischen den Rassen herrschten. Die Bahá'í strengten sich sehr an, die Rassenvorurteile zu überwinden und die Einheit so gut wie möglich sowohl innerhalb der Gemeinde als auch außerhalb herzustellen. Die Frage, die auch dem Universalen Haus der Gerechtigkeit vorgelegt wurde, war: Was passiert, wenn man in einem südlichen Staat lebt, wo ein Gesetz eine bestimmte Form des Kontaktes zwischen Menschen verschiedener Hautfarben verbietet? Insbesondere, wenn es dahin gekommen ist, daß Nicht-Bahá'í dieses Gesetz diskutieren? Müssen die Bahá'í diesem Gesetz dann folgen, weil wir das Prinzip haben, der Regierung zu gehorchen, egal um welches Gesetz es sich handelt? Das Haus der Gerechtigkeit sagte: "Nein". Es erklärte, daß die Bahá'í die Gebote des Glaubens so gut es geht befolgen sollten. Wenn aber eine Autoritätsperson ihnen gebieten sollte, es nicht zu tun, dann sollten sie es nicht tun. Mit anderen Worten: Das Gesetz mag den Weißen und Schwarzen den Kontakt miteinander verbieten, wogegen der Glaube sie offensichtlich dazu aufruft. Dann sollten die Bahá'í solange die Freundschaft untereinander pflegen, solange kein Polizist käme und ihnen gebieten würde: "Setzt euch an verschiedene Plätze." Dann sollten sie sich voneinander entfernen. Es gibt demnach einen Unterschied zwischen einem geschriebenen Gesetz und einem Gesetz, das direkt eingefordert wird. Dieser Umstand kommt in vielen Beziehungen zwischen dem Bahá'í-Glauben und den Gesetzen zum Tragen. Dies war in ähnlicher Form während des Nazi-Deutschland der Fall. Mir wurde erzählt, daß die Nazi-Behörden den Bahá'í befahlen, die Treffen zwischen Juden und Nicht-Juden zu trennen. Die Lösung damals war, daß keine Treffen mehr stattfanden. Wir können solche Probleme also auf verschiedene Art und Weise lösen.
Es kann aber auch vorkommen, daß das Befolgen von Gesetzen und Prinzipien des Glauben Schwierigkeiten und Leiden verursachen können. Wie ich bereits gesagt habe, ist es meist der Gehorsam durch Glauben und die Annahme einer unangenehmen Wahl, die uns geistig und moralisch und in unserem Verständnis wachsen lassen. Diese Art von Gehorsam hat auch einen Effekt auf die Gemeinschaft als Ganzes. Dadurch entsteht eine Gesellschaft, die vereint, liebevoll, standhaft, rechtschaffen und beherzt ist. Und sie ist ebenso frei von unwissendem Fanatismus und Blindgläubigkeit. Es ist ein schwierig zu haltendes Gleichgewicht: Standhaft zu sein, Prinzipien zu haben, aber nicht fanatisch und genauso wenig blindgläubig zu sein.
Eine der Wahrheiten, die wir akzeptieren müssen, ist, daß das Leben nicht einfach ist. Es ist nicht dafür da, einfach zu sein. Wenn wir dies erkennen, annehmen und daran arbeiten, wachsen wir und schreiten voran, trotz aller Prüfungen und Widrigkeiten. Dies ist eine sehr tiefgreifende Erkenntnis. Ich glaube, es war Carl Jung, der Menschen in einer besonderen Form als psychologisch krank erachtete, die versuchten, "gesetzmäßige Schmerzen" zu vermeiden. Sie sehen: je des Wachstum im Leben bedingt Schmerzen einer gewissen Stufe. Betrachten Sie das Stadium des Heranwachsens, wenn wir nicht wissen, wie wir damit umgehen sollen, plötzlich erwachsen zu werden. Oder wenn wir heiraten, und zwei Menschen auf einmal miteinander leben müssen. Auch das ist mit Schmerzen verbunden. Und Jung, denke ich, legte seinen Finger auf einen sehr wichtigen Punkt: Zu versuchen, gesetzmäßige Schmerzen zu vermeiden, erzeugt einen psychologischen Zusammenbruch. Und dies gilt für die gesamte Gesellschaft. Es mag jedoch einem Menschen einen unbarmherzigen Anschein verleihen, wenn er zu bestimmten Zeiten mit Gehorsam und Annahme von Schmerz voranschreitet.
Wahrer Gehorsam darf nicht mit sklavischer Unterwürfigkeit verwechselt werden. Er erfordert Courage und Durchhaltevermögen. Ein wesentliches Element des Gehorsam ist die Ausübung von Gerechtigkeit bei der Ausführung der Anforderungen der Autorität, die man akzeptiert hat.
Es spielt keine Rolle, ob in einem bestimmten Fall eine Anweisung einer Amtsgewalt oder eine gesetzliche Vorgabe die Quelle der Autorität ist. Selten kann sie alle Möglichkeiten und Eventualitäten abdecken.
Ich habe einmal eine Geschichte gelesen, die von einem Mann handelt, der sich nicht von seinem Anzug trennen konnte -- Männer hängen häufig an einem ihrer Anzüge und wollen wollen sich nicht von ihnen trennen -- als er aber allzu abgetragen war, entschied er doch, ihn aufzugeben. Er nahm ihn und ging zu einem Schneider. Diesen beauftragte er, eine exakte Kopie zu erstellen. Der Schneider tat dies ordnungsgemäß. Er entschuldigte sich jedoch, er habe sein Bestes gegeben, eine originalgetreue Kopie zu erstellen. Es sei ihm jedoch nicht gelungen, den Kaffeefleck auf der Jackettvorderseite nachzuempfinden. Dies ist ein Beispiel mit einer Problemstellung, denen das Büro für die Gebäuderestaurierung täglich gegenübersteht. In diesem Fall will man, wenn man eine Heilige Stätte repariert, dies so genau wie möglich tun. Wenn man z. B. zwei nahe beieinander liegende Fenster hat, von denen eines ein wenig kleiner als das andere ist, dann möchte man nicht, daß eine aufmerksame Person vorbei kommt und sagt: "Es wäre schön, wenn beide die gleiche Größe hätten." Man möchte die neuen Fenster verschieden machen, genauso, wie die alten waren. Wenn wir andererseits ein leckendes Abflußrohr ersetzen wollen, dann soll das neue Rohr natürlich nicht wieder ein Leck haben. Hier ist also die Anwendung eines guten Urteilsvermögens angebracht. Und es ist erstaunlich, wie oft im Leben man Leute findet, die dies nicht anwenden und man kann geradezu verrückt werden, wenn man, wie man denkt, eine klare Anweisung gegeben hat und die Person kommt mit etwas völlig Durcheinandergeratenem zurück und sagt: "Aber Sie haben mir doch den Auftrag gegeben!" Und man weiß, daß man die Anweisung erteilt hat. Aber man hat erwartet, daß die Person ihren Verstand anwenden würde und dadurch den Sinn, der hinter den tatsächlich gesprochenen Worten steckte, erfaßt hätte.
Dies sind sehr deutliche Beispiele. Die gleichen Anforderungen werden jedoch auch fortwährend bei der Anwendung der Gesetze des Glaubens gestellt. Wann soll man auf ihrer Einhaltung bestehen, wann großzügig sein, welche Ausnahmen sind zu rechtfertigen, welche nicht? Wie nachsichtig darf man sein, ohne ein Prinzip zu opfern? Wie kann man rechtschaffen sein, ohne fanatisch zu wirken? Generell gesagt: Es ist eine gute Leitlinie, mit sich selbst sehr streng zu sein und mit anderen nachsichtig. Im zweiten Taráz schreibt Bahá'u'lláh:
Dieser Unterdrückte ermahnt die Völker der Welt, Duldsamkeit und Rechtschaffenheit zu üben; dies sind zwei Lichter im Dunkel der Welt, zwei Erzieher für die Bildung der Menschheit. Glücklich sind, die dazu gelangen, und wehe den Achtlosen.
(BA, S. 52)
Die Gleichstellung von Toleranz und Rechtschaffenheit macht diesen Text, wie ich meine, zu einem sehr interessanten Abschnitt.
Hier wird man auch wieder zurückverwiesen auf das Prinzip der abschließenden Verantwortlichkeit jedes Einzelnen. Wir müssen akzeptieren, daß uns Gott den Verstand zu seiner Benutzung gegeben hat. Er hat uns einen freien Willen gegeben und er hat uns ermahnt, Weisheit und gutes Urteilsvermögen anzuwenden.
Ich bezeichne es als einen Schmerz, denn wir müssen vorsichtig sein, diese Freiheit als eine Erlaubnis zu Ungehorsam zu betrachten. In einem der Briefe, die im Auftrag des Hüters geschrieben wurden, hat der Sekretär die nüchterne Warnung ausgesprochen: "Wir sollten auf die Gnade Gottes hoffen, aber wir dürfen nicht auf ihr bestehen."
(LG. #1223, unautorisierte Übersetzung)
Aber es gibt gültige Fälle, in denen weises Urteilsvermögen einem Menschen sagt: "In diesem Fall würde ich sicher freigesprochen, etwas zu tun, was normalerweise nicht angenommen werden könnte." Einige Gläubige, die sich davor fürchten, die Verantwortung hierfür zu übernehmen, bitten des Universale Haus der Gerechtigkeit um eine Ausnahmegenehmigung. Dies kann es häufig nicht gewähren, wie sie sicher verstehen. Denn es hätte meist viel weitreichendere Folgen, die sich nicht nur auf diesen einen Fall beschränkten. Ich erinnere mich an mehr als eine Begebenheit, wo das Haus der Gerechtigkeit solche Fragen beantworten mußte und die Antwort wie folgt lautete: "Es ist schade, daß er nicht selbst gehandelt hat, anstatt zu fragen". Ich erinnere mich an einen ähnlichen Kommentar, der von einem Pilger niedergeschrieben wurde, der dem Hüter eine Frage stellte. Bevor er antwortete, fragte der Hüter ihn: "Sind Sie sicher, daß Sie diese Frage beantwortet haben möchten?"
Es gibt eben Situationen, wo man einfach selbst entscheiden muß. Ich erinnere mich solch einer Situation eines jungen Mannes, der Student der vergleichenden Religionswissenschaften war. Er stellte Untersuchungen für den Abschluß seiner Doktorarbeit an. Und er meinte, daß es wichtig wäre, dazu einige Schriften über die Bündnisbrecher zu lesen. Also schrieb er an das Universale Haus der Gerechtigkeit und bat: "Können Sie mir bitte die Erlaubnis geben, diese Schriften über die Bündnisbrecher zu lesen?" Das Haus der Gerechtigkeit schrieb zurück und sagte: "Es ist Ihnen doch nicht verboten, Schriften über die Bündnisbrecher zu lesen; es wird davor gewarnt, daß es sehr gefährlich ist, aber es ist nicht verboten, also können wir Ihnen die Erlaubnis gar nicht geben." Er schrieb zurück: "Ja, ich weiß dies alles, aber bitte geben Sie mir die Erlaubnis." Also schrieb das Haus der Gerechtigkeit wiederholt, indem es seine frühere Anwort wiederholte. Er wollte nicht hinnehmen, daß die Verantwortung bei ihm selbst lag. Es war eine Gefahr für seine Seele, wie hätte also das Haus der Gerechtigkeit ihm sagen können: "Es ist Ihnen erlaubt, sich der Gefahr auszusetzen"? Es gab kein Verbot, er mußte für sich selbst beurteilen: "Ist es notwendig, dies zu tun, oder ist es das nicht? Kann ich mich in die Gefahr begeben oder kann ich es nicht?" Es gibt viele Bereiche unseres täglichen Lebens, wo wir diese Verantwortungen selbst übernehmen müssen.
Die Übung des eigenen Verstandes und die Anwendung des eigenen Urteilsvermögens beim Befolgen eines Gesetzes und von Anweisungen sind aber auch Wege der Göttlichen Führung. Ich war zutiefst beeindruckt von einer Sache, auf die die Hand der Sache Gottes Paul Haney einmal Bezug nahm. Er sagte, er habe manchmal, wenn das Universale Haus der Gerechtigkeit ihn bat, eine Aufgabe auszuführen, zunächst weder die Weisheit erkannt, die darin lag, noch habe er gewußt, wie er diese Aufgabe bewerkstelligen solle. Trotzdem begann er im Vertrauen auf die Göttliche Führung, die dem Haus der Gerechtigkeit zuteil wird. Und er erkannte, daß sich mit jedem Schritt, den er vorwärtsging, eine Tür öffnete und die weiteren Schritte klarer wurden. Am Ende wußte er, daß er befähigt wurde, das zu erreichen, worum er gebeten worden war. Und er erkannte auch den Grund für diese Aufgabe. Dies ist ein ideales Beispiel für Gehorsam, Glauben, Weisheit und Urteilsvermögen.
Der Prozeß, die Verantwortung für sich anzunehmen, die eigene Unzulänglichkeit zu erkennen, eine Quelle der Autorität zu suchen und anzuerkennen und dabei die Manifestation Gottes zu finden, Seine Lehren zu verstehen und die eigene Intelligenz zu nutzen, diese Lehren anzuwenden, sind wesentlich für die Entwicklung der individuellen Seele und befähigen sie, ihr Ziel zu erreichen, das da lautet, in Harmonie mit der Absicht Gottes zu gelangen und in absolutem Gehorsam gegenüber Seinen Plänen zu leben.
Um einiges wichtiger ist Gehorsam in diesem Zusammenhang für das Wohlergehen und die Entwicklung der gesamten Menschheit. In allen Teilen der Welt flehen die Menschen um Freiheit. Und dieses Streben nach Freiheit und den materiellen Gütern dieser Welt führt zu Konflikten und Kriegen, die die Zerstörer von Freiheit und Wohlergehen sind. Nur die Führung Gottes und Bahá'u'lláh's System des vereinten und willentlichen Gehorsams der einzelnen Seele gegenüber Seiner Führung, führen die Menschen wie eine Brücke über die abgrundtiefe Zersplitterung und das Chaos hinüber zu der Seligkeit des Königreiches Gottes auf Erden. Und dann werden alle Menschen die Wahrheit in den Worten Bahá'u'lláh's erkennen:
Die Freiheit, die euch nützt, ist nirgendwo zu finden außer in vollkommener Dienstbarkeit vor Gott, der Ewigen Wahrheit. Wer ihre Süße kostet, wird es verschmähen, sie gegen alle Herrschaft der Erde und des Himmels zu tauschen.
(I&S, S.43)
Gehorsam 26 Juli 1991
Programm Geistige Bereicherung
Literaturverzeichnis
AB Der Báb, Eine Auswahl aus Seinen Schriften
ÄL Bahá'u'lláh, Ährenlese
BA Bahá'í Administration: selected Messages 1922 - 1932 (Wilmette: Bahá'í Publishing Trust, 1980)
BOT Bahá'u'lláh, Botschaften aus Akka
GL Göttliche Lebenskunst
I&S Inhaltsübersicht und systematische Darstellung der Gesetze und Gebote es Kitáb-i-Aqdas, Haifa, Job Das Buch Hiob,
LG Hornby, Helen, comp. Lights of Guiance: A Bahá'í Reference File, rev. ed. (New Dehli: Bahá'í Publishing Trust, 1988)
VW Verborgene Worte (Arabisch)
Vertiefung: Ansprache von Ian Samle über Gehorsam im Weltzentrum am 26. Juli 1991