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Kritik an der modernen Presselandschaft
Quellenhinweise auf die Schriften
... Vergiftung der Literatur und die Verderbnis der Presse ...
Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahá'u'lláhs 7:10
... Sinken des Durchschnittsniveaus von Literatur und Presse ...
Shoghi Effendi, Der verheißene Tag ist gekommen 29:1
... Sensationslust der Presse ...
Das Universale Haus der Gerechtigkeit, Jahrhundert des Lichts 3:26
Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass moderne Demokratien als das Ergebnis des Versuchs entstanden sind, die Macht absoluter Monarchien, Diktaturen oder bestimmter herrschender Schichten einzuschränken. Das kann schrittweise über Jahrhunderte hinweg oder umbruchartig durch Revolutionen entstanden sein. Dennoch bleiben auch nach dem Aufbau demokratischer Verfassungen und Strukturen ein Misstrauen gegenüber der Autorität als solcher und eine Spannung zwischen dem Maß an Freiheit, das dem einzelnen Bürger gewährt wird, und der Auferlegung zureichender öffentlicher Normen zum Schutz der Schwachen gegen die selbstischen Ziele der Starken in der Gesellschaft. Die Anwendung von Transparenz, Rechenschaft, Pressefreiheit und des kritischen Dialogs ist somit von einem Geist der Parteilichkeit getragen, was leicht in ein gnadenloses Eindringen in die Privatsphäre, die Verbreitung von Verleumdung, übertriebenes Misstrauen und in den Missbrauch der Nachrichtenmedien durch besondere Interessengruppen verfällt. Die Reaktion jener, die sich gegen solche Auswüchse des Systems zur Wehr setzen, führt zu Geheimnistuerei, Verdeckung unbequemer Tatsachen und entsprechend auch zu einem Missbrauch der Medien zusammengefasst zu einer andauernden Disharmonie im Geflecht der Gesellschaft.
Aus einem Brief im Auftrag des Universalen Hauses der Gerechtigkeit an einen einzelnen Gläubigen, 18.07.2000
Bahá'í-Impulse für eine ethisch verantwortlich handelnde Presse
An diesem Tag liegen die Geheimnisse der Erde offen vor den Augen der Menschen da. Die Seiten der rasch erscheinenden Zeitungen sind in der Tat Spiegel der Welt. Sie spiegeln die Taten und Bestrebungen der verschiedenen Völker und Geschlechter. Das alles spiegeln sie und machen es bekannt. Sie sind wie Spiegel mit Augen, Mund und Ohren, eine erstaunliche, machtvolle Erscheinung. Den Verfassern dieser Zeitungen obliegt es jedoch, sich von den Einflüsterungen übler Begierden und Leidenschaften zu reinigen und sich mit dem Gewand der Gerechtigkeit und der Unparteilichkeit anzutun. Sie sollten die Umstände möglichst gründlich untersuchen, die Tatsachen feststellen und sie dann schriftlich niederlegen.
Was die Zeitungen über diesen Unterdrückten berichten, entbehrt der Wahrheit fast völlig. Ehrliche Rede und Wahrhaftigkeit gelten ihres hohen Ranges wegen für eine Sonne am Himmelszelt des Wissens. Die Wogen dieses Meeres sind sichtbar vor den Augen der Völker dieser Welt, und was aus der Feder der Weisheit und Äußerung strömt, ist überall offenbar.
Bahá'u'lláh, Botschaften aus 'Akká 4:25-26
Die Presse wird in einem solchen System [der Weltordnung Bahá'u'lláhs] der Darlegung der verschiedenen Ansichten und Überzeugungen der Menschheit vollen Spielraum gewähren, aber nicht mehr durch althergebrachte Interessen, seien sie persönlicher oder allgemeiner Natur, unheilvoll gelenkt sein; vom Einfluß streitender Regierungen und Völker wird sie befreit sein.
Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahá'u'lláhs, 7:16
Aus einem Brief im Auftrag des Universalen Hauses der Gerechtigkeit an einen Nationalen Rat, 29.12.1988
Freie Meinungsäußerung ist ein grundlegendes Prinzip der Sache Gottes. ... Bahá'u'lláh hat den Rahmen für den Ausdruck der Persönlichkeit erweitert und vertieft. Die Aufwertung von Kunst und Arbeit, so sie im Dienst an der Menschheit erfolgen, zum Gottesdienst, lässt auf eine gewaltige Neugeburt individueller Ausdrucksmöglichkeiten in jener Kultur schließen, die durch Seine Weltordnung antizipiert wird. Die Bedeutung dieses Prinzips, das der Herr des Zeitalters nunmehr derart erweitert und verstärkt, lässt sich nicht bezweifeln: aber gerade im Bereich der Sprache ist dafür ein klares Verstehen unabdingbar. Für den Bahá'í muss die Praxis der Redefreiheit unbedingt in eine Disziplin eingebunden sein, die aus einer gründlichen Würdigung der positiven wie der negativen Aspekte der Freiheit wie der Rede resultiert.
Bahá'u'lláh warnt uns: „... die Zunge ist ein schwelend Feuer, und zuviel der Rede ist ein tödlich Gift. Natürliches Feuer verbrennt den Leib“, so führt Er weiter aus, „das Feuer der Zunge aber verzehrt Herz und Seele. Die Kraft des einen währt nur eine Weile, aber die Wirkung des anderen dauert ein Jahrhundert lang.“ Auch wo Bahá'u'lláh den Rahmen der freien Rede absteckt, rät Er wieder zum 'rechten Maß'. „Menschliche Rede will ihrem Wesen nach Einfluß üben und bedarf deshalb des rechten Maßes. Ihr Einfluss ist durch Feinheit bedingt, die wiederum von losgelösten, reinen Herzen abhängt. Ihr rechtes Maß muss mit Takt und Weisheit gepaart sein, wie es in den Heiligen Büchern und Sendbriefen vorgeschrieben ist.“
Bedeutsam ist nicht nur, was gesagt wird und wie es gesagt wird, sondern auch wann. Denn die Rede hat wie so vieles andere ihre Zeit. Bahá'u'lláh verstärkt diese Erkenntnis, indem Er auf folgende Maxime verweist: „Nicht alles, was ein Mensch weiß, kann enthüllt werden, noch kann alles, was er enthüllen kann, als zeitgemäß angesehen werden, noch kann jede zeitgemäße Äußerung als tauglich für die Fassungskraft der Hörer erachtet werden.“
Die Rede ist ein machtvolles Phänomen. Ihre Freiheit muss gepriesen, aber auch gefürchtet werden. Sie verlangt ein klares Urteil, denn in der Beschränkung wie im Exzess kann sie schreckliche Folgen zeitigen. Das System Bahá'u'lláhs verfügt deshalb über die notwendigen Methoden der Kontrolle und des Ausgleichs für den zuträglichen Gebrauch dieser Freiheit in einer sich entfaltenden Gesellschaft. Ein sorgfältiges Studium der Prinzipien der Bahá'í-Beratung, ihrer formalen und informellen Regeln, bietet neue Einsichten in die Dynamik der freien Meinungsäußerung. ...
Gehalt, Umfang, Stil, Takt, Weisheit und rechte Zeit gehören zu den ausschlaggebenden Faktoren, die über Erfolg oder Misserfolg der Rede entscheiden. Darum müssen sich die Freunde stets über die Bedeutung dieser den Menschen von anderen Lebensformen unterscheidenden Fähigkeit bewusst sein und sie überlegt nutzen. Das Bemühen um eine entsprechende Disziplin wird Umgangsformen hervorbringen, die der künftigen Reife der Menschheit würdig sind. Wie für das gesprochene, gilt diese Disziplin auch für das geschriebene Wort; sie hat größte Bedeutung für das Wirken der Presse.
Bedeutung und Rolle der Presse in einem neuen Weltsystem treten deutlich vor Augen, wenn man bedenkt, welchen Nachdruck die Ordnung Bahá'u'lláhs auf die Verfügbarkeit von Information für alle Ebenen der Gesellschaft legt. Shoghi Effendi weist darauf hin, dass Bahá'u'lláh „besonders die 'rasch erscheinenden Zeitungen' erwähnt und sie als 'Spiegel der Welt' bezeichnet, als 'eine erstaunliche, machtvolle Erscheinung'. Von allen, die für ihre Herausgabe verantwortlich sind, verlangt Er, dass sie geheiligt seien von Bosheit, Leidenschaft und Vorurteil, dass ihr Sinn gerecht und unparteiisch sei, dass sie bei ihren Untersuchungen gewissenhaft sind und in jedem Fall die Fakten ermitteln.“
In Seinem politischen Traktat Das Geheimnis göttlicher Kultur gibt 'Abdu'l-Bahá Einblick in die unentbehrliche Rolle der Presse in einer künftigen Gesellschaft. Er nennt es „dringend nötig, dass brauchbare Aufsätze und Bücher geschrieben werden, die klar und bündig darlegen, wessen das Volk heutzutage bedarf und was dem Glück und dem Fortschritt der Gesellschaft dienlich ist“. Er bezeichnet „die Veröffentlichung edler Gedanken“ als die „dynamische Kraft in den Schlagadern des Lebens“, als „die Seele der Menschenwelt“. Sodann stellt Er fest, dass „die öffentliche Meinung auf das gelenkt werden muss, was dieses Tages würdig ist. Dies ist jedoch nur möglich durch angemessene Argumente und durch klar verständliche, schlüssige Beweise.“
Bezüglich Stil und Ausdrucksform ermahnt Bahá'u'lláh „Autoren unter den Freunden“, so „zu schreiben, wie es aufrichtigen Seelen annehmbar ist und nicht das Volk zum Kritteln verleitet.“ und er erinnert daran: „Wir haben in der Vergangenheit gesagt, dass ein Wort wie der Frühling wirkt, die Herzen erfrischt und belebt, ein anderes aber wie Trockenfäule Blumen und Blüten vertrocknen lässt.“
Im Lichte dieser Ausführungen muss der Verhaltenskodex der Presse die Prinzipien und Ziele der Beratung, wie durch Bahá'u'lláh offenbart, enthalten. Nur so wird die Presse in der Lage sein, ihren vollen Beitrag zur Wahrung der Rechte der Menschen zu leisten und ein machtvolles Instrument im gesamtgesellschaftlichen Beratungsprozess - und damit auch für die Vereinigung der gesamten Menschheit - zu werden.
zusammengestellt von Sören Rekel-Bludau, April 2017